Seit über zehn Jahren stritten Marita Boos-Waidosch, Matthias Rösch und Corinna Zolle für ein Landesgleichstellungsgesetz für Behinderte.
Am 4. Dezember 2002 stießen sie zusammen mit über 50 geladenen Gästen, Landtagsabgeordneten und MinisteriumsvertreterInnen im rheinland-pfälzischen Landtag mit Sekt auf das neue Landesgleichstellungsgesetz für Behinderte an. Dieses wurde nämlich am späten Nachmittag mit überwältigender Mehrheit vom Landtag von Rheinland-Pfalz als erstes Landesgleichstellungsgesetz für Behinderte nach der Verabschiedung des Behindertengleichstellungsgesetzes auf Bundesebene vom rheinland-pfälzischen Landtag verabschiedet.
Lediglich die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen hatte sich enthalten, weil sie bis zuletzt dafür gekämpft hatte, dass eine Regelung im Gesetz aufgenommen wird, die festschreibt, dass alle Maßnahmen, die umgehend erreichbar barrierefrei umgestaltet werden können, auch umgesetzt werden müssen.
Dieses Ziel wurde zwar nicht im Gesetz verankert, aber in einem gesonderten Entschließungsantrag von SPD und FDP vom Landtag als Ergänzung zum Gesetz verabschiedet.
«Wir sind sehr glücklich darüber, dass nun endlich ein Landesgleichstellungsgesetz für Behinderte in Rheinland-Pfalz verabschiedet wurde, von dem wir so lange geträumt und für das wir über zehn Jahre lang so hart gekämpft haben», formulierte Matthias Rösch seine spontane Freude bei der Feier des Gesetzes im Landtag. Rösch, der lange Zeit die Arbeit des Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter in Mainz geprägt hatte, ist seit Anfang November beim rheinland-pfälzischen Sozialministerium beschäftigt und hat in der heißen Phase an der Verabschiedung des Gesetzes mitgestrickt.
«Ich kann es kaum glauben, dass wir nun auch in Rheinland-Pfalz ein Gleichstellungsgesetz für Behinderte haben, auch wenn ich weiß, dass die Arbeit jetzt erst richtig beginnt», kommentierte Marita Boos-Waidosch von der ,«interessenvertretung selbstbestimmt leben in rheinland-pfalz» das Gesetz, nachdem ihr dieses symbolisch von der rheinland-pfälzischen Sozialministerin Malu Dreyer übergeben wurde, die sich seit ihrer Ernennung zur Sozialministerin für dieses Gesetz stark gemacht hatte.
Neben dem Engagement der Ministerin und des Landesbehindertenbeauftragten Dr. Richard Auernheimer, wertete Marita Boos-Waidosch vor allem das engagierte und gemeinsame Eintreten der Behindertenverbände und die von der isl rheinland-pfalz koordinierte und von der Aktion Mensch geförderte Kampagne zur Gleichstellung in Rheinland-Pfalz als wichtige Schlüssel für diesen Erfolg.
Ein Wermutstropfen sei sicherlich, dass es nicht gelungen ist, konkrete Fristen für die Umgestaltung bestehender Bauten und Verkehrsmittel ins Gesetz zu bekommen, doch nun gehe es darum, die vorhandenen Buchstaben des Gesetzes mit Praxis zu füllen, denn das Gesetz trat zum 1. Januar 2003 in Kraft.
... und keiner weiß davon. Während das rheinland-pfälzische Gesetz mit umfassender Öffentlichkeitsarbeit
von Seiten der Behindertenbewegung begleitet und kommentiert wurde, gab es beim schleswig-holsteinischen Gesetz eher wenig bundes-weite Presse. So dürfte wohl außerhalb von Schleswig-Holstein bislang kaum einer davon wissen, dass das Landesgleichstellungsgesetz am 16. Dezember vom schleswig-holsteinischen Landtag verabschiedet wurde und ebenfalls zum 1. Januar 2003 in Kraft trat. Beide Gesetze veröffentlichen wir in dieser Ausgabe, eine Kurzkommentierung aus schulpolitischer Sicht folgt nach diesem Bericht. Für das Jahr 2003 sind weitere Landesgesetze zu erwarten: Während es in Bayern und NRW in Kürze konkret werden soll, ist es fraglich, ob und wie der vorliegende Entwurf in Niedersachsen unter eventuell geänderten Mehrheitsverhältnissen nach der Wahl am 2. Februar weiter verfolgt wird.
Omp/HGH