11.05.2002 - 15:04:28
Ich will meinen im KZ umgebrachten Vorfahren ohne
Barrieren gedenken können
Berlin (kobinet) «Ich will meinen im KZ ermordeten
Vorfahren ohne Barrieren gedenken können», so beschreibt Dr. Sigrid Arnade vom
NETZWERK ARTIKEL 3 ihren Ärger, wenn sie daran denkt, dass das geplante
Holocaust-Mahnmal nur so von Barrieren gespickt sein soll. Der
Behindertenbeauftragte von Berlin, Martin Marquard, hat alles versucht, um
Änderungen zu bewirken, doch bisher ohne durchschlagenden Erfolg, so dass die
Angelegenheit jetzt in der Öffentlichkeit ausgetragen wird.
Der
Behindertenverband NETZWERK ARTIKEL 3 und das US-amerikanische
Behindertenrechtszentrum Disability Rights, Education and Defense Fund (DREDF)
sind empört, dass das in Berlin geplante Holocaust-Mahnmal für
mobilitätsbehinderte Menschen weitgehend mit Barrieren gespickt und unzugänglich
gestaltet werden soll. Sie fordern die Verantwortlichen auf, dafür Sorge zu
tragen, dass sämtliche Bereiche des Mahnmals gleichberechtigt und barrierefrei
für alle BesucherInnen zugänglich sind.
«Als eine Rollstuhlbenutzerin
mit jüdischem Glauben, der ihre Religion und Geschichte sehr wichtig ist, war
ich schockiert, als ich nach meiner Ankunft in Berlin erfahren musste, dass das
geplante Holocaust-Mahnmal so konzipiert ist, dass es in weiten Bereichen für
mobilitätsbehinderte Menschen nicht zugänglich sein wird. Behinderte Menschen
waren ebenfalls Opfer des Holocaust, so ist es für mich undenkbar, dass bei
einem Mahnmal auch nur eine Andeutung dieser Diskriminierung wiederholt wird»,
erklärte die renommierte US-amerikanische Behindertenrechtlerin Marilyn Golden
vom Behindertenrechtsbüro DREDF aus Berkeley, Kalifornien in einem offenen Brief
an Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Auf Empörung stößt dabei vor allem,
dass nur wenige der über 100 Wege durch das Mahnmal aufgrund der hohen
Steigungen und Neigungen der Wege für RollstuhlnutzerInnen nutzbar sein sollen,
zudem sind die Wege so eng, dass es ein Einbahnstraßensystem für
RollstuhlnutzerInnen geben soll, während sich die Anderen frei bewegen könnten.
«Wenn ich meinen im Konzentrationslager ermordeten jüdischen Vorfahren
gedenken will, möchte ich mich dabei nicht über Barrieren ärgern müssen, die im
21. Jahrhundert für benachteiligte Gruppen auf´s Neue aufgebaut wurden und mir
als Rollstuhlnutzerin den Zugang versperren. Die Bundesregierung muss daher
sicher stellen, dass dieses neue Mahnmal vollständig barrierefrei ist und das
neue Bundesgleichstellungsgesetz hier konsequent in die Praxis umgesetzt wird –
alles andere wäre eine Schande für unser Land», sagte Dr. Sigrid Arnade vom
Vorstand des NETZWERK ARTIKEL 3.
omp/sch
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