13.05.2002 - 11:48:37
Berlin (kobinet) Der Behindertenverband NETZWERK
ARTIKEL 3 ist empört über den diskriminierenden Umgang der Lufthansa mit
behinderten Eltern. Ausgerechnet am Muttertag wurde es den behinderten Eltern
Bettina Mücke-Fritsch und Andreas Fritsch auf einem Flug von Berlin nach
Düsseldorf verweigert, in einer Dreierreihe mit ihrer zweijährigen Tochter zu
sitzen. Nach dem Willen des Piloten, der das Paar im Warteraum vor allen
Fluggästen lautstark mit «Ich habe gehört, Sie machen Ärger» begrüßte, sollte
das Kind sogar zwei Reihen entfernt von den Eltern plaziert werden. «Solch eine
Trennung würde man nichtbehinderten Familien niemals zumuten. Es kann doch nicht
sein, dass unsere Tochter auf dem Flug vor Angst tausend Tode sterben muss, nur
weil die Lufthansa so unflexibel ist», sagte die Mutter.
Aufgrund des
Arguments, es gäbe nur Zweierreihen in der Maschine, ließ die Familie sich
darauf ein, dass Mutter und Tochter nebeneinander und der Vater in einer Reihe
jenseits des Gangs plaziert wurden. Beim Betreten des Flugzeugs zeigte es sich
jedoch, dass durchaus Dreiherreihen vorhanden waren. «Vom Erstkontakt beim
Einchecken an wurde weniger mit uns als über uns gesprochen», berichtet Andreas
Fritsch. «Von Freundlichkeit oder gar Kundenorientierung war nichts zu spüren.
Und dann wurden wir letztlich auch noch belogen». Die Unfreundlichkeit übertrug
sich nach Aussagen des Vaters sogar auf den Umgang der Crew mit dem Kind:
«Während die Stewardessen unsere Tochter auf dem Hinflug verwöhnten, wurde sie
nach den Auseinandersetzungen um die Plätze vom Kabinenpersonal vollkommen
ignoriert».
Angesichts dieses unglaublichen Vorfalls fordert das NETZWERK
ARTIKEL 3 die Lufthansa auf, das vor einem Jahr in Lissabon von den europäischen
Fluggesellschaften verabschiedete «Airline Passenger Service Commitment» in die
Tat umzusetzen. Darin wurde unter anderem festgeschrieben, dass behinderten
Fluggästen die größtmögliche Unabhängigkeit gewährt werden soll, ihre Würde zu
wahren ist und die MitarbeiterInnen entsprechend weiterzubilden sind. «Die
Lufthansa muss ihr Personal umgehend unter Einbeziehung betroffener ExpertInnen
schulen», verlangt Dr. Sigrid Arnade vom Vorstand des NETZWERK ARKTIKEL 3.
«Dieser Vorfall zeigt einmal mehr überdeutlich, dass es weniger die
individuellen Einschränkungen sind, die uns behindern, sondern vielmehr die
diskriminierenden gesellschaftlichen Strukturen».
Auch die
Bundesregierung ist nach Ansicht des NETZWERK ARTIKEL 3 gefordert: «Das
zivilrechtliche Antidiskriminierungsgesetz muss unbedingt noch in dieser
Legislaturperiode verabschiedet werden, denn dann gäbe es in diesem konkreten
Diskriminierungsfall eine bessere rechtliche Handhabe», erläutert Arnade.
omp