Berlin: "Kerstin Tack, Mitglied des Deutschen Bundestages gibt zu, dass das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz physische Barrieren in Form von Stufen oder nicht rollstuhlgerechten Toiletten nicht bekämpft. Sie verspricht aber ein Förderprogramm zum Abbau von Barrieren für die kommende Legislaturperiode." Über diese Antwort an Leon Amelung, der bei der Abgeordneten nachgefragt hatte, berichtet das Projekt #Barrieren Brechen der Sozialhelden. Heute am 15. April verbleiben den Bundestagsabgeordneten noch 72 Tage, um nicht erst in der nächsten, sondern in dieser Legislaturperiode ein gutes Barrierefreiheitsrecht zu beschließen.
"Wir haben Euch in den vergangenen Tagen dazu aufgerufen Eure Bundestagsabgeordneten anzuschreiben und zu fragen, wie genau das Gesetz dabei hilft Barrieren abzubauen, die Euch stören", heißt es im Bericht der Sozialhelden.
Leon Amelung berichtet daraufhin: "Ich wollte wissen, ob das Gesetz, mit seinem vielversprechenden Namen, auch die physische Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft verbessert. Deswegen habe ich an Kerstin Tack eine Mail geschrieben. Frau Tack ist Bundestagsabgeordnete für meinen Wahlkreis. Ein paar Tage später habe ich eine Antwort erhalten. Unter anderem schrieb mir Frau Tack folgendes: "Ziel des vom Bundeskabinett beschlossenen und damit aktuell im parlamentarischen Verfahren befindlichen Gesetzes ist es, dass digitale Produkte und Dienstleistungen EU-weite Standards für barrierefreien Zugang erhalten. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Menschen mit Behinderungen durch ein Umfeld mit besser zugänglichen Produkten und Dienstleistungen ein unabhängiges Leben zu ermöglichen. Konkret betrifft das Gesetz unter anderem die Zugänglichkeit zu Geld- und Ticketautomaten, die Nutzbarkeit von E-Books, Computern sowie Unterhaltungselektronik, den Onlinehandel oder die Nutzung der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112." Eine Beseitigung physischer Barrieren sieht das Gesetz nicht vor. Dafür seien, laut der Abgeordneten, die Kommunen zuständig. Eine allgemeine Verpflichtung zur Barrierefreiheit sei nicht durchsetzbar gewesen. Der Bund möchte aber die Kommunen bei der Durchsetzung von physischer Barrierefreiheit unterstützen, so die Abgeordnete. Abschließend wurde mir geraten, mich mit meinem Anliegen an die Behindertenbeauftragte meiner Heimatstadt zu wenden, weil die Kommunen für die Umsetzung von physischer Barrierefreiheit zuständig sind."
Leon Amelung finde es gut, dass er so schnell eine Antwort von einer Bundestagsabgeordneten zu seiner Anfrage erhalten hat und dass durch das Gesetz digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zugänglich gemacht werden. Er bemerkt in dem Bericht der Sozialhelden aber auch: "Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass auch die Barrierefreiheit des baulichen Umfelds mit in das Gesetz aufgenommen wird, damit noch mehr gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe für Menschen mit Behinderungen möglich wird, vor allem in der Privatwirtschaft."
Und gerade beim Abbau der Barrieren durch die Privatwirtschaft werden die Kommunen und vor allem die kommunalen Behindertenbeauftragten weiterhin ins Leere laufen, wenn es keine klaren bundesweit geltenden Regelungen zur Verpflichtung der Privatwirtschaft zu barrierefreien Dienstleistungen und Produkten in der analogen Welt gibt. Gegen die Stufen vor den Eingängen von Geschäften, dem Bäcker an der Ecke etc. bleibt den kommunalen Beauftragten nur das Betteln für Veränderungen, was in der Vergangenheit wenig gebracht hat.