Köln: Der #MehrBarrierefreiheitWagen hat heute am 26. April in Köln Station gemacht und hat in der Nähe des Kölner Doms für Aufmerksamkeit gesorgt. Dabei wurde u.a. die Frage des Tages von Dr. Sigrid Arnade, die mit Hans-Günter Heiden vom NETZWERK ARTIKEL 3 noch bis zum 9. Mai mit ihrem entsprechend beschilderten VW Bus auf Tour für ein gutes Barrierefreiheitsrecht ist, diskutiert. Diese lautete "Sind behinderte Menschen zu fordernd oder zu bescheiden, wenn es um Barrierefreiheit geht?"
"Wir sind so unglaublich nett. Viele behinderte Menschen haben die Behinderung und die damit verbundenen Barrieren als persönliches Problem internalisiert. Wenn man die UN-Behindertenrechtskonvention ernst nehmen würde, müsste man immer nur demonstrieren und etwas blockieren", so die Einschätzung vom Geschäftsführer des Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen (Zsl) Köln Horst Ladenberger.
Ellen Kuhn, Beraterin der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstelle (EUTB) des ZsL Köln kommentierte die Frage des Tages wie folgt: "Behinderte Menschen sind zu bescheiden und haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie etwas fordern. Barrierefreiheit gilt immer noch als Luxus und ist nicht selbtverständlich." Ihre Kollegin Rose Jokic ergänzte: "Ich möchte genauso leben können wie alle anderen und nicht nur auf dem Papier oder in Sonntagsreden."
Im Hinblick auf den aktuellen Gesetzentwurf für ein Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erklärte Horst Ladenberger: "Der Entwurf für ein Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes in der vorliegenden Form reiht sich ein in eine Abfolge von Gesetzgebungen, die es versäumen, die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention zu erfüllen. Wie schon im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), den Behinderten-Gleichstellungsgesetzen auf Bundes und Landesebene oder aktuell hier im Entwurf des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes wird sehenden Auges darauf verzichtet, Barrierefreiheit in einem umfassenden Verständnis gesetzgeberisch zu verankern. Stattdessen werden nur dort, wo es aufgrund europarechtlicher Vorgaben zwingend erforderlich ist, Verbesserungen eingeführt. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Und dort, wo was geregelt wird, werden durch schwammige Ausnahmeregelungen wieder Schlupflöcher gelassen, die zur Nutzung geradezu auffordern. Wieder bleibt bauliche Barrierefreiheit oder inklusive Mobilität insbesondere im privatrechtlichen Bereich auf der Strecke. Wer den Schwenk von unserer seit Ewigkeiten entwickelten Ausgrenzung und Diskriminierung hin zu einer Kultur der gleichberechtigten Teilhabe und somit umfassender Barrierefreiheit wirklich will, muss auch die dazu nötigen Regeln schaffen. Und für deren Einhaltung sorgen. Sonst wird wieder eine Chance vertan."