Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Karin Evers-Meyer (SPD), hat zu Beginn der Parlamentarischen Beratungen über die geplante Föderalismusreform vor Verschlechterungen für Menschen mit Behinderungen gewarnt: "Bei den Themen Barrierefreiheit, Heimrecht und Bildung müssen Verschlechterungen für behinderte Menschen durch klare Bekenntnisse von Bund und Ländern frühzeitig ausgeschlossen werden. Ich begrüße die Föderalismusreform ausdrücklich. Wer mit Sozialpolitik befasst ist, der kann sich eine Vereinfachung der Bund-Länder-Beziehungen nur wünschen. Bei aller Aufbruchstimmung darf aber nicht vergessen werden, genau hinzuschauen. Eine Reform des Föderalismus darf nicht zu Verschlechterungen für Menschen mit Behinderungen führen."
Karin Evers-Meyer warnt in diesem Zusammenhang vor allem davor, den Ländern im Zuge der Föderalismusreform das Heimrecht zu übertragen. "Die angespannte Finanzlage in Ländern und Kommunen darf nicht dazu führen, dass aus Kostengründen Schutzrechte und Qualitätsstandards abgebaut werden und in den einzelnen Bundesländern am Ende völlig unterschiedliche Pflegequalitäten anzutreffen sind. Das wäre Wettbewerb zu Lasten behinderter Menschen."
Besorgt äußerte sich die Beauftragte auch in Hinblick auf die Auswirkungen der Föderalismusreform auf das erst im Jahre 2002 verabschiedete Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Zentrales Element des BGG sei die Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr gewesen. Evers-Meyer: "Das Gesetz war aber im Zusammenspiel mit anderen Bundesgesetzen konzipiert. Dazu gehören u. a. das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und auch das Gaststättengesetz. Wenn hier jetzt Kompetenzen an die Länder übergehen, müssen Bund und Länder umgehend erklären, ob bestehende Landesgesetze Barrierefreiheit auch zukünftig gewährleisten können."
Schließlich wirft die Beauftragte die Frage auf, was nach der Föderalismusreform mit dem Ausbau integrativer Schulformen passiert. Zwar läge die alleinige Zuständigkeit für Schulen von jeher bei den Ländern, so wie es jetzt aussieht, werde es in Zukunft jedoch überhaupt keine vom Bund geförderten Modellprogramme mehr geben. Auch die gleichberechtigte Hochschulzulassung behinderter Menschen und der barrierefreie Hochschulbau könnten der Gesetzesänderung zum Opfer fallen, wenn das Hochschulrahmengesetz, das die Gleichstellung behinderter Studierender regelt, gestrichen werde.
(PM vom 10. März 2006)