Oliver Tolmein: Keiner stirbt für sich allein. Sterbehilfe, Pflegenotstand und das Recht auf Selbstbestimmung. C. Bertelsmann, Verlagsgruppe Random House, 256 Seiten, ISBN: 3-570-00897-5, 14,95 Euro
Der Verlag stellte dazu eine Rezension des Regensburger Rechtsphilosophen Michael Pawlik, die in der Literaturbeilage FAZ veröffentlicht wurde, in sein Internetangebot ein:
Lebenshilfe ist Sterbehilfe. Nur wer in Würde lebt, kann in Würde sterben.
Die hochemotionale Diskussion um Sterbehilfe ist viel zu oft nur ein Plädoyer für den schnellen Tod. Mit dieser provokanten These weist Oliver Tolmein der Debatte um ein selbstbestimmtes Sterben eine neue Richtung: Ein würdevoller Tod ist nur möglich, wenn die Verhältnisse im Leben würdevoll sind - das gilt besonders für die letzten Monate und Wochen, die einem Schwerkranken bleiben. Tolmein erläutert den Zusammenhang zwischen mangelhafter Schmerztherapie, der Versorgungslage in Alten- und Pflegeheimen und würdevollem Sterben. Die Debatte darf nicht vorrangig um den Abbruch künstlicher Ernährung kreisen oder um die Legalisierung von Eingriffen oder Unterlassungen, die den Tod beschleunigen. Pflegenotstand, Kostendämpfung und der technokratisch-kalte Umgang mit dem Tod sind die eigentlichen Hindernisse für ein selbstbestimmtes Lebensende. Statt des Rechts auf "Hilfe zum Sterben" muss das Menschenrecht auf gute Pflege und intensive Schmerzbehandlung unheilbar Kranker stehen. Tolmein hat Zeit mit Sterbenden in palliativ-medizinischen Abteilungen und Hospizen verbracht, mit Psychologen, Ärzten und Angehörigen gesprochen, für die Sterben Alltag und permanente Herausforderung ist. Er analysiert Möglichkeiten und Gefahren von Patientenverfügungen, beschreibt Realität und Rechtslage der Sterbehilfe in Europa und Amerika. Mit einer schweren Krankheit zu leben bedeutet nicht notwendig zu leiden, Voraussetzung für ein gutes Lebensende ist die Annahme des Todes. Wenn das Sterben wieder Platz im Leben haben darf, eröffnen sich Perspektiven für ein würdiges Lebensende.
Sterbehilfe bedeutet nicht die letzte Spritze, die abgebrochene künstliche Ernährung, den kostengünstigen, emotionsfreien, schnellen Tod. Oliver Tolmein plädiert für die Wertschätzung des Lebens auch bei schwerer Krankheit und im Sterben, für einen schmerzfreien, menschlich intensiven begleiteten letzten Weg. Ein Buch, das in der aktuellen Diskussion einen neuen Wertmaßstab setzt.
Ende 2004 lud das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen - unter Einbeziehung des Auswärtigen Amtes - zur Fachkonferenz "Menschenrechte und Behinderung" ein. Unter diesem Stichwort wurden am 22. November 2004 die Entwicklungen und Fortschritte bei der Erarbeitung einer UN-Behindertenrechtekonvention aufgezeigt und noch bestehende Schwierigkeiten diskutiert. In vier Arbeitsgruppen erörterten Experten aus Verbänden, internationalen Nichtregierungsorganisationen, den UN und den zuständigen Ministerien vier wichtige und bei den internationalen Verhandlungen streitige Themen:
Um die Ergebnisse aus diesen Diskussionen für die weitere Arbeit an der Konvention nutzbar und sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sind sie nun veröffentlicht worden, die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen in englischer und deutscher Sprache sowie die Konferenzprotokolle in deutscher Sprache.
Bestellnummer der Broschüre beim BMAS (Referat Information, Publikation, Redaktion, 53107 Bonn): Art.-Nr.: A352. Auch als download möglich unter: www.bmas.bund.de
(PM BMAS vom 30.1.2006)
Gisela Hermes/Eckhard Rohrmann (Hg): Nichts über uns - ohne uns! Disability Studies als neuer Ansatz emanzipatorischer und interdisziplinärer Forschung über Behinderung. AG SPAK Verlag Neu-Ulm 2006, ISBN: 3-930830-71-X, 235 S. 19,- Euro
Der Band versammelt Beiträge von 15 Autorinnen und Autoren mit unterschiedlichen disziplinären und biografischen Hintergründen, die aus ihrer jeweiligen Perspektive die Disability Studies vorstellen. AutorInnen sind u.a.: Gisela Hermes, Ottmar Miles-Paul, Josef Ströbl, Martina Puschke, Swantje Köbsell, Anne Waldschmidt, Sigrid Arnade und H.- Günter Heiden