Auf der zweitägigen Bilanzveranstaltung am 18./19. Februar 2004 in Berlin zum Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen (EJMB) hat der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Karl Hermann Haack, als Konsequenz aus diesem Jahr ein nationales Kompetenzzentrum angeregt, in dem der Sachverstand behinderter Menschen gebündelt wird. Dieses Zentrum sollte in Berlin angesiedelt und die im Europäischen Jahr vielfach bewiesene Kompetenz behinderter Menschen als Experten in eigener Sache anwendbar machen. Bis zur Rehacare-Messe im November in Düsseldorf soll ein solches Kompetenzzentrum zur Verfügung stehen. Daraus könnte schließlich ein Netz entstehen, das Aufgaben wie Beratung bei Fragen der Barrierefreiheit, aber auch Entscheidungsvorbereitung in politischen Prozessen wahrnehmen kann.
Optimistisch zeigte sich Haack über die in diesem Jahr mögliche Verabschiedung eines zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetzes, nachdem Bundesjustizministerin für das erste Halbjahr 2004 einen entsprechenden Entwurf angekündigt habe. In den Gesetzgebungsprozess seien wie beim Behindertengleichstellungsgesetz behinderte Menschen einzubeziehen. Von dem Treffen zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem Deutschen Behindertenrat sei Ende Januar der Auftrag mitgenommen worden, » eine Lösung nicht nur zu suchen, sondern auch zu finden und zu präsentieren «.
Die zum Eröffnungsreferat (» Grundlinien der neuen Behindertenpolitik in schwierigen Zeiten «) auf der stark besuchten Bilanzveranstaltung im Berliner Maritim Hotel angekündigte Sozialministerin Ulla Schmidt hatte einen ihrer Staatssekretäre entsandt. Als Sprecher des Deutschen Behindertenrates konnte Walter Hirrlinger » Anspruch und Wirklichkeit in der Politik für Menschen mit Behinderungen « messen. Schon vor Beginn der Veranstaltung hatte eine von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland initiierte Performance gegen Sozialabbau Passanten und Medienvertreter in der Friedrichstraße darauf aufmerksam gemacht, dass hier keine Sonntagsreden erwartet werden, sondern vielmehr ernste Konflikte auszutragen sind. Ein » roll-in « des Berliner Bündnisses für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen auf der Pressekonferenz wurde von Matthias Vernaldi angeführt. Seine Forderungen waren u.a.: Lebensrecht für alle Menschen, Schaffung eines zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetzes, Absicherung bedarfsgerechter Assistenz in einer selbstgewählten Umgebung.
Franz Schmahl - kobinet